Paderborn. Welche Unternehmen sind eigentlich wertvoll? Wenn man an der Börse nach einer Antwort sucht, findet man die leicht: Amazon, Tesla, Microsoft und so weiter. Aber Unternehmen tragen mit ihren Aktivitäten auch zum Gemeinwohl bei, so wie das in vielen Sozialeinrichtungen der Fall ist. Bundesweit als erster Caritasverband erstellt der Caritasverband Paderborn jetzt eine sogenannte Gemeinwohlbilanz.
Zusammen mit der Universität Paderborn werden in einem Projekt zur Gemeinwohlökonomie bisher nicht bilanzierte Werte erfasst. Dazu gehören zum Beispiel die Menschenwürde am Arbeitsplatz, die ökologische Ausrichtung oder Löhne, Sozialabgaben, Zusatzleistungen sowie die Mitbestimmung- und Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort. Diese Werte werden dann in ein Verhältnis zu verschiedenen Bezugsgruppen wie Lieferanten, Eigentümer/Finanzpartner, Mitarbeitende, Kunden und gesellschaftliches Umfeld gesetzt. In einem Gemeinwohl-Bericht werden die schon umgesetzten Gemeinwohlwerte sowie ihr Entwicklungspotenzial dargestellt. Berichte und Gemeinwohlbilanz werden, wie bei einer klassischen Unternehmensbilanz, extern geprüft und anschließend veröffentlicht.
„Bestimmt gibt es schon einige Bereiche in unserem Verband, in denen wir gut abschneiden. Es gibt andere, bei denen wir noch Luft nach oben haben“, beschreibt Hans-Werner Hüwel, Bereichsleiter Pflege und Gesundheit des Caritasverbands Paderborn, seine Erwartung an die verbandseigene Gemeinwohlbilanz. Zum Beispiel sei die Gründung der cdg (Caritas-Dienstleistungsgenossenschaft) ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Denn so könnten heute schon, zusammen mit anderen Verbänden, Materialien wie Dienstkleidung günstiger und ökologisch produziert einkaufen, als wenn dies jeder Verband allein aushandeln müsste. „So können wir unseren Mitarbeitenden zertifizierte Ökotextilien anbieten, die sich ebenfalls positiv in der Gemeinwohlbilanz niederschlagen werden.“
Dozent Christoph Harrach leitet das Projekt an der Universität Paderborn, das in der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät angesiedelt ist, und nicht, wie man denken könnte, in der Soziologie. Für René Fahr, Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Paderborn, liegt die Bedeutung des Themas auf der Hand: „Rein finanzielle Kennzahlen engen den Blick auf Unternehmen sehr ein. Das kann dazu führen, dass der Sinn in der Arbeit für Mitarbeiter*innen verloren geht. Solche Effekte kann man mit der Gemeinwohl-Bilanz frühzeitig verhindern. ”
Ob sich die Gemeinwohlbilanzen irgendwann auch einmal auszahlen? „Auf jeden Fall tun sie das ja schon heute“, unterstreicht Hans-Werner Hüwel: „Unser Verband produziert mit seinen Dienst- und Beratungsleistungen schon heute einen großen Beitrag zum Gemeinwohl. Darüber hinaus sind auch rechtliche Vorteile bei Steuern, Krediten oder öffentlichen Aufträgen denkbar“, wie er sagt. Und spätestens dann gäbe es eine doppelte Rendite aus gesellschaftlichem Nutzen und tatsächlichen Vorteilen für die entsprechenden Unternehmen und die Gesellschaft durch die Gemeinwohlökonomie.
Der Caritasverband ist jetzt - parallel zur Erstellung der Gemeinwohl-Bilanz - Mitglied in der Gemeinwohlökonomie Ostwestfalen-Lippe e.V., Regionalgruppe Paderborn geworden.
Über den Caritasverband Paderborn e.V.
Der Caritasverband Paderborn e.V. ist Ansprechpartner für Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen. Unter dem Dach des Verbandes werden 47 Fachdienste und Einrichtungen betrieben. Dazu gehören ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen, Beratungsdienste für Eltern, Kinder und Jugendliche, Suchtkranke, Migranten, verschuldete Personen sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bis hin zu Offenen Ganztagsschulen.
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