



Caritas, junge Slammer und Kirche: Wenn sich Menschen aus diesen drei Welten aufeinander einlassen, kann das zu bemerkenswerter Kunst führen. Am kommenden Dienstag, 8. Oktober, lädt der Caritasverband zum zweiten Mal zu diesem künstlerischen Experiment ein. Junge Slammer tragen in der Herz-Jesu-Kirche Texte vor, die sie über ihre Besuche in Caritas-Einrichtungen geschrieben haben.
Eva Dreier ist sehr beeindruckt. In einem kurzen Video auf Facebook steht sie vor einem Ein-Familien-Haus und spricht davon, dass die Sorgen „wie ein Mobile“ über den Menschen hängen, die einen Angehörigen pflegen. Kurz zuvor hat sie in diesem Haus die Pflegeberaterin Sabine Burkhardt-Kropp bei einem Beratungsbesuch begleitet und erlebt, wie kompliziert die Lage ist, wenn ein Familienmitglied Pflege braucht – und wie wichtig es ist, dass ein kompetenter Berater zuhört.
Ihren Text liest Eva Dreier, eine junge Paderbornerin, in der Herz-Jesu-Kirche am Westerntor. Die kleine neugotische Kirche ist ein Ruhepunkt im ständigen Menschengewimmel am Eingang zur Fußgängerzone. Die Öffnung der Kirche zur Alltagswelt drumherum ist Pfarrer Thomas Stolz ein Anliegen. Auch deshalb ist er Gastgeber des Caritas Poetry Slams.
Der Pfarrer ist nicht besorgt, dass der Poetry Slam - bei dem geklatscht, gejubelt und gelacht wird - die Atmosphäre des heiligen Hauses stört. Die Kirche sei an sich kein heiliger Ort, sagt er. „Heilig wird dieser Ort durch das Miteinander der Menschen“, sagt er. Die Poetry Slammer hätten etwas zu verkünden, eine Botschaft, und passten deshalb gut in die Kirche. Thomas Stolz freut sich, dass die Caritas-Veranstaltung Menschen anspricht, die sonst selten eine Kirche von innen sehen.
Dass eine Kirche die Kommunikation verändert, ist Guido Sehrbrock klar. Der Tontechniker und Unternehmer wird am kommenden Dienstag für die Akustik in der Herz-Jesu-Kirche sorgen. Ein ausgefeiltes System von Lautsprechern zwischen den Säulen soll den acht Sekunden langen Nachhall überlisten.
Ganz ausschalten lässt sich dieses Phänomen jedoch nicht, sagt Sehrbrock, der im Riemeke aufwuchs und die Herz-Jesu-Kirche gut kennt. Dafür sei eine Kirche ja da, sagt er, jedes Wort erlangt durch den Nachhall Bedeutung. Für Poetry Slammer, die sonst schnell, fast hastig, sprechen, ist das eine Herausforderung. Dafür gebe es nur eine Lösung, rät der Tontechniker: Künstler und Publikum müssten an diesem Abend „runterkommen“, loslassen von Gewohnheiten und sich entspannen.
Ganz entspannt hat Alex Paul seinen Besuch in der betreuten Senioren-WG im Pontanus-Carré erlebt. Dort hat einen Vormittag verbracht und war danach ziemlich erstaunt, dass die Senioren-WG seiner Studenten-Wohngemeinschaft ähnelt, nur „viel cooler“ und größer ist. Auf jeden Fall hat er sich neue Freunde gemacht. Die Bewohnerinnen der WG waren so überzeugt von ihrem Besucher, dass sie überlegt haben, einen Buli zu chartern und am Poetry Slam in der Herz-Jesu-Kirche teilzunehmen.
Caritas Poetry Slam, 8. Oktober 2019, 19.30 Uhr, Herz-Jesu-Kirche Paderborn. Der Eintritt ist frei.