„Alles ist im Fluss“ - Eine Fachtagung über Integration von zugewanderten Mitbürgern

Die Integration von zugewanderten Mitbürgern ist ein The-ma, das die deutsche Gesellschaft immer wieder spaltet.

Foto von links: Caritas-Bereichsleiter Dominik Neugebauer, Professor Dr. Michael Böwer (KatHO NRW, Abteilung Paderborn), Landrat Manfred Müller, Martin Strätling (Leitung MiCado), Bürgermeister Michael Dreier, Referentin Mehrnousch Zaeri-Esfahani, Thomas Kemper und Kirsten Borgstedt (MiCado) Foto: Karl-Martin Flüter

Die Integration von zugewanderten Mitbürgern ist ein Thema, das die deutsche Gesellschaft immer wieder spaltet. Dabei ist oft nicht klar, wofür das Wort „Integration“ steht. Dass selbst Fachleute Zweifel befallen, wurde jetzt bei einer Fachtagung in Paderborn deutlich. „Wenn die Lösung das Problem ist“ war die Veranstaltung überschrieben. Eingeladen hatten die Caritas-Migrationsfachdienst MiCado, die „Initiative NRWeltoffen – Demokratie leben“ und die Katholische Hochschule NRW, Abteilung Paderborn.

Wenn Integration richtig verstanden wird, müssen sich alle ändern, auch die aufnehmende Gesellschaft. Mit dieser These eröffnete Martin Strätling, Leiter von MiCado, die Tagung. Integration könne nur dann gelinge, wenn sich alle, nicht nur die Zuwanderer, verändern, betonte er. Eigentlich handele es sich dann nicht mehr um Integration, sondern um Inklusion: „Alles ist im Fluss, auch die aufnehmende Gesellschaft.“

Doch was bedeutet das im Alltag? Das interessierte die 115 Fachleute aus Verbänden, Kommunen und von Beratungsstellen. Aus dem gesamten Erzbistum waren Teilnehmer nach Paderborn gekommen. Sie erwartete in ein intensives Programm. Es ging um die Integration im Sport oder im sozialen Nahbereich des Stadtviertels, um die Integration von Jugendlichen und um die Erfahrung, wie lange es dauert, bis ein Zuwanderer wirklich als Mitbürger anerkannt wird. Unter den Referenten waren ausgewiesene Fachleute ihres Gebiets wie der SCP-Geschäftsführer Martin Hornberger, Professor Dr. Marc Breuer von der KatHO NRW oder Hezni Barjosef, Koordinator der Flüchtlingsarbeit im Erzbistum Paderborn.

Den größten Raum nahm die „Denkwerkstatt“ der Sozialarbeiterin und Autorin Mehrnousch Zaeri-Esfahani ein. Als Kind aus dem Iran geflohen, hatte sie in Deutschland ihr erstes, iranisches, Leben komplett verdrängt. Erst als sie dreißig Jahre nach der Flucht einen psychischen Zusammenbruch erlitt, begann sie damit, ihre iranische Biografie in ihr Leben zu integrieren. Mit Erfolg: Die Inklusion ihrer alten Heimat hatte heilende Wirkung.

„Integration passiert genau dann, wenn die Nationalität keine Rolle mehr spielt“, ist Paderborns Bürgermeister Michael Dreier überzeugt. Menschen aus 140 Nationen leben in seiner Stadt, jeder vierte hat internationale Wurzeln. Würde Integration in einem solchen Gemeinwesen nicht gelingen, wäre der soziale Frieden gefährdet und es drohten hohe Folgekosten, betonte Landrat Manfred Müller.

Das haben auch Bildungsinstitutionen wie die KatHO erkannt. Die Paderborner Hochschule arbeitet heute international vernetzt und fördert Studierende mit einem Zuwanderungshintergrund, wie Dekan Professor Dr. Michael Böwer erläuterte. Im Sommersemester startet die KatHO Lehrveranstaltungen mit dem Seminar für Islamische Theologie der Universität Paderborn. Auch das ist ein Versuch, integrationsfördernde Strukturen zu schaffen.

„Wo ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“, zitierte Caritas-Bereichsleiter Dominik Neugebauer eine Frage, die Bundespräsident Frank Walter Steinmeier gestellt hat. Mehrnousch Zaeri-Esfahani gab auf diese Frage in ihrer „Denkwerkstatt“ eine einfache Antwort: Erst wenn wir einander zuhören und uns in Gelassenheit üben, können wir wirklich zusammenkommen.